Im Stadtgeschichtlichen Museum der Hansestadt Wismar gibt es ein unterlebensgroßes Pferd mit Reiter aus Holz, das als Heiliger Georg bezeichnet und in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden ist. Bei genauerer Betrachtung wirft die Figur Fragen der Zuschreibung, des sozialhistorischen Kontextes und der Funktion auf.
Beispiele für vollplastische Reiterfiguren auf Pferden finden sich für das Spätmittelalter in Kirchen und Museen in Norddeutschland und Dänemark aber auch in Finnland und Schweden.
Die Vielzahl und der Erhaltungszustand der unterlebensgroßen Figuren im Ostseeraum führen zu dem Ergebnis, dass diese Figuren im kirchlichen Kontext üblich waren und durch die starke Benutzung bzw. Umnutzung vergangen sind.
Die besondere Bedeutung des Heiligen Georgs für Wismar erklärt sich durch den Erwerb einer Reliquie des Heiligen Georgs. Im Jahre 1487 erhielt der Kirchherr Johann Prange Gebeine vom Rat in Riga und führte diese in einer prächtigen Prozession vom Hafen zur Kirche St. Georgen.
Die Skulptur des Heiligen Georg im Stadtgeschichtlichen Museum in Wismar ist ein Beispiel für volkstümliche spätmittelalterliche Frömmigkeit. Es ist ein großes Glück, dass die Figur so vollständig erhalten ist. Der Heilige Georg gehört zum religiösen Erbe, das auch in den ostdeutschen lutherischen Kirchen bewahrt geblieben ist.
Georg war ein beliebter Heiliger in der vorreformatorischen Zeit. Der Überlieferung zufolge erlitt er zu Beginn der römischen Christenverfolgung unter Diokletian (284-305) das Martyrium. Er gehört zu den 14 Nothelfern, die als Schutzpatrone im Gebet angerufen werden. Verehrt wurde er unter anderem als Patron der Siechen und Armen.
